Im Rahmen meiner Arbeit für die Berliner Teefirma P & T – Paper & Tea war es mir im Juni 2016 vergönnt zur World Tea Expo (WTE) nach Las Vegas zu fliegen. Als langjähriger Tee-Nerd war die WTE schon immer eines der Tee-Mekkas für mich, eine Veranstaltung, die ich hoffte irgendwann in meinem Leben einmal besuchen zu können.
Der Weg zur Expo
Für P & T arbeitete zu der Zeit auch die in Teekreisen bekannte Suzette Hammond. Suzette war für das Tee-Training der Mitarbeiter und auch für die Qualitätssicherung aller Tees in P & Ts Portfolio verantwortlich. Insbesondere in den USA hat Suzette einen guten Namen, denn sie ist schon seit den ersten Anfängen der World Tea Expo in den USA als Seminarleiterin mit am Start.
Als ich damals für P & T angefangen habe und mitbekommen habe, dass Suzette dort auch arbeitet, war ich gleich sehr aufgeregt. So oft wie möglich suchte ich den Kontakt zu ihr, um von ihr zu lernen. Während meiner ganzen Zeit mit ihr bei der Firma fühlte ich mich immer eher als “Fan” , denn als ein eigentlicher Kollege :-)
Die Vorstellung von Suzette musste an dieser Stelle erfolgen, denn letztendlich war sie es, die mich und eine weitere tolle Kollegin von mir, Ana, dazu brachte zur WTE zu fahren. Suzette hatte vorgeschlagen, dass wir beide vor Ort als Volunteers arbeiten könnten. Als Volunteers würden wir helfen, die Veranstaltung am Laufen zu halten, könnten gleichzeitig viel von der WTE mitnehmen und müssten vor allen Dingen auch keinen Eintritt zahlen. Und gerade den Eintritt spart man sich gerne, denn der hat es durchaus in sich.
Alles was Ana und ich also zu tun hatten, war es einen Flug nach Las Vegas zu buchen und ein günstiges Hotel zu buchen. Und das war einfacher und günstiger als gedacht.
Als ich das erste Mal damit konfrontiert wurde, dass die World Tea Expo in Las Vegas stattfindet, da war ich doch außerordentlich irritiert. Warum veranstaltet man eine Heißgetränk-Messe in der Mojave Wüste und warum zum Teufel auch noch im Hochsommer im Juni? Für den Termin konnte ich keine Antwort finden, durchaus aber für den Ort. Las Vegas ist tatsächlich DIE Messestadt der USA. Und zwar hängt das insbesondere mit der Vielzahl an Hotels zusammen, die dort als Messestandorte verwendet werden. Dazu kommt, dass Las Vegas per Flugzeug von ganz USA gut zu erreichen ist und die Unterkünfte sehr, sehr erschwinglich sind. Genau das haben Ana und ich bei unserer Hotelbuchung erfahren. Wir haben ein Hotel in Laufdistanz zum Messegelände gefunden, dass wirklich nicht teuer war. Ich glaube es waren zwischen 30-40€ pro Nase. Das Hotel hatte seinen eigenen Swimming Pool, die Zimmer waren ok und in der Lounge warteten die Einarmigen Banditen.
Arbeiten auf der Expo
Am ersten Tag der Expo halfen Ana und ich bei der sogenannten “Origin Tasting Tour” mit. Dafür mussten wir sehr früh morgens bei der Expo sein für die Vorbereitungen. Für mich was das Aufstehen eine Tortur, denn ich bin erst sehr spät in der Nacht in Las Vegas eingetroffen. Diverse Unwetter hatten große Teile des Flugverkehrs im mittleren Westen der USA komplett lahm gelegt. Am Ende war ich froh überhaupt noch an dem Tag in Las Vegas angekommen zu sein.
Unsere Aufgaben bei der “Origin Tasting Tour” war es zuallererst sämtliche Tische in den Räumen zu decken, um dann während der Veranstaltung dafür zu sorgen, dass der vorbereitete Tee von der Teeküche aus auf die Tische in den Veranstaltungsräumen kam. Am Anfang lief alles noch ein wenig holprig, aber schon bald hatten wir die notwendigen Abläufe automatisiert. Im Kern ging es bei dieser “Tee-Tour“ darum, den Teilnehmern einen Einblick in die große Teewelt zu verschaffen. In 45-90 Minuten Sessions wurden unter anderem die Teeländer China, Japan, Sri Lanka und Indien vorgestellt. Neben einem Vortrag über die Teekultur des Landes, wurde dann auch dazu passender Tee verkostet. Für Neueinsteiger fand ich das Programm durchaus lohnenswert. Selbst hätte ich dafür aber nicht so tief in die Tasche gegriffen.
In den nächsten Tagen haben wir beide dann bei weiteren Seminaren und Workshops auf der WTE ausgeholfen. Wir konnten uns die Workshops teils aussuchen und konnten so individuell bestimmen, was wir von der Messe in punkto Wissen mitnehmen wollten. Parallel zu den Workshops lief die eigentliche Ausstellung bei der Teeanbieter und Teekäufer in Kontakt gebracht werden sollten.
Hier ein paar Beispiele von Veranstaltungen bei denen Ana und ich aushelfen konnten:
“Einblick in ein Sri Lanka Ceylon Tea Estate”;
“Professionelles Tea-Cupping” (geleitet von Suzette);
“Die Chemie hinter der Fermentation von Puerh Tee”;
“Organoleptic Experience” (hier ging es darum wissenschaftlich aufzuzeigen wie das Gehirn anhand der verschiedenen Geschmacksrezeptoren im Mund einen Tee wahrnimmt und bewertet);
Zwischen den Veranstaltungen konnte man sich noch die ein oder andere Podiumsdiskussion zu diesem und jenem Tee-Thema anschauen.
Für die Volunteers gab es ein “Headquarter” in den hinteren Räumen der Messe. Dort wurde der Tee für die diversen Veranstaltungen zubereitet und dort hat man auch Gelegenheit gehabt sich zwischen seinen Schichten etwas zu erholen.
Dass wir dadurch hinter den Kulissen arbeiten konnten, hatte den großen Vorteil, dass wir dadurch auch einigen der Speaker sehr nahe kamen und uns mit ihnen unterhalten konnten.
Backstage mit den „Stars“
Ich war bereits aufgeregt, als ich noch Monate vor Beginn der eigentlichen Expo durch die Liste der Speaker der Expo gegangen bin, denn dort fanden sich Namen von Leuten, die mich auf meinem Teeweg extrem geprägt haben. Die Vorstellung sie einmal persönlich kennenlernen zu können, machte mich ganz euphorisch.
Und als ich dann in Las Vegas vor Ort war und meine Helden Kevin Gascoyne, vom Camellia Sinensis Teahouse in Montreal, und James Norwood Pratt, einen DER Wegbereiter für hochwertigen Teegenuss in den USA, Angesicht zu Angesicht gegenüberstand, da dachte ich bei mir: ”…”
Eigentlich dachte ich an gar nichts. Ich war nur unfassbar glücklich und dankbar dafür, dass mir die Möglichkeit gegeben wurde, diesen für mich so wichtigen Menschen meine größte Anerkennung und Dankbarkeit für ihre Inspiration gegenüber ausdrücken zu können.
Mit Kevin gemeinsam habe ich ein Foto machen lassen, dabei halte ich eine Gaiwan von seiner Teefirma in der Hand, und von Norwood ließ ich mir eine Signatur in mein Buch von ihm geben. Natürlich waren es für mich gerade diese Momente, die für mich das Unvergesslichste auf der Expo waren.
Tee wird Realität
Um meine Begeisterung vielleicht ein bisschen besser verständlich zu machen, sollte ich vielleicht erklären, dass ich gerade in meiner jungen Teenerd-Zeit viel nach Nordamerika geschaut habe. Die Tee-Blogger Szene ist in den USA um Längen größer, als es die Szene in Europa ist. Namen wie Lindsey Goodwin, Tony Gebely, Michelle Martin schreiben schon seit vielen Jahren begeistert über Tee. Vieles was ich jetzt von Tee weiß, habe ich zuerst von ihnen gelesen. Oder auch Kevin Gascoyne: Er hat eines, meiner Ansicht nach, besten Teebücher aller Zeiten veröffentlicht mit dem Namen “Tea: History, Terroirs, Varieties”.
Das Buch ist vielleicht nicht das wissenschaftlich fundierteste, aber es ist so schön aufbereitet und weckt die Neugier mehr über richtigen Tee zu lernen. Mich hat es damals noch weiter darin befeuert mein Leben weiter auf Tee auszurichten.
Das alles waren und sind große Vorbilder für mich. Sie sind wichtige Wegbereiter für Tee und Teekultur. Da ich selber in Berlin und Deutschland in meiner Anfangszeit mit Tee niemanden hatte, mit dem ich mich über Tee austauschen konnte, waren diese nordamerikanischen Tee-Dudes und -Dudettes die wichtigsten Teebezugspersonen in meinem Leben zu der damaligen Zeit.
Die große räumliche Distanz zu ihnen hat dann das Übrige getan und mich häufig davon schwelgen lassen, hoffentlich irgendwann einmal Gelegenheit zu bekommen meine “Tea-Idols” persönlich kennenlernen zu können.
Der Moment als ich Kevin persönlich traf, einen entspannten, offenen, vierzigjährigen Teeverrückten, hat meine Teewelt dann substantiell verändern lassen. Ein beträchtlicher Teil meiner so oft rein imaginären Teewelt hat sich in dem Moment in die pure Realität verwandelt. Kevin, von dem ich so viel gelernt und gehört habe ohne ihn jemals direkt persönlich getroffen zu haben, konnte ich jetzt als normalen Menschen kennenlernen. Und es war schön zu sehen, dass er ein normaler Mensch ist, der auch noch gleichzeitg unglaublich nett und bodenständig ist. Das gleiche gilt im Übrigen auch für all die anderen Menschen, die ich auf dieser Expo kennenlernen durfte. Mir und auch Ana ging oft das Herz auf an den Tagen auf der Expo.
„World“ ist nicht gleich „WORLD“
Die eigentliche Ausstellung der World Tea Expo war jetzt nicht soooooo besonders. Der Name WORLD Tea Expo ist doch sehr hoch gegriffen, denn es ist hauptsächlich eine rein auf die nordamerikanische „Specialty Tea“ – Teeindustrie ausgelegte Veranstaltung. Spaß gemacht hat es trotzdem durch die Reihen zu ziehen, denn manchmal gabs die wildesten Innovationen zu sehen.
Beonders empfehlenswert aber ist die Messe für Menschen, die mehr über Tee lernen möchten. Die Seminarinhalte und auch wie die Seminare aufbereitet waren, war echt gut.
Wenn es dich interessiert das auch einmal mitzumachen, dann rate ich dir ebenfalls dazu den Weg über das Volunteer-Programm zu gehen, denn sonst kann die Sache schnell sehr teuer werden.
Ich selber kann mir durchaus vorstellen in der Zukunft wieder einmal vorbei zu schauen, entweder als Volunteer oder warum nicht auch einmal als Speaker oder Workshopleiter. Mal schauen, was die Zukunft bringt :-)
Abseits des Lärms
Eine gelungene Abwechslung wurde mir durch meinen Kumpel John aus Los Angeles beschert. Er meinte zu mir, wenn ich nach Las Vegas komme, dann kommt er auf jeden Fall kurz rüber, damit wir entspannt etwas Tee trinken können gemeinsam. In LA hat er ein eigenes Piercing Studio und organisiert im Rahmen dessen jährlich eine Convention zum Thema Piercing und Tattoo in Las Vegas. Es findet immer in dem selben Nobelhotel statt und daher hat er für den Laden gewissermaßen eine „Dauerkarte“.
Er hat mich eingeladen bei ihm in der Suite vorbei zu kommen. Wir haben dann bestimmt über nen Zeitraum von 2 Stunden „Tea in Silence“ getrunken. Im Hintergrund war manchmal das Treiben von Vegas und dem Strip zu hören. Die entspannende Wirkung des Tees und die Tatsache, dass Johns Suite hoch oben über dem Strip lag, gab und dann das angenehme Gefühl für kurze Zeit komplett über den Dingen zu stehen.
Garantiert ne Session, die ich so schnell nicht vergessen werde.